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Einkommensteuer: Abgeltungsteuersatz auch bei Darlehen zwischen Angehörigen möglich (BFH)

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Der VIII. Senat des BFH hat mit drei Urteilen entschieden, dass die Anwendung des gesonderten Steuertarifs für Einkünfte aus Kapitalvermögen (sog. Abgeltungsteuersatz) nicht schon deshalb nach § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG ausgeschlossen ist, weil Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge Angehörige i.S. des § 15 der Abgabenordnung sind (BFH, Urteile v. 29.4.2014 – VIII R 9/13, VIII R 44/13, VIII R 35/13; jeweils veröffentlicht am 20.8.2014).

Hintergrund: Seit 2009 unterliegen grds. alle Kapitaleinkünfte der sog. Abgeltungsteuer (§ 32d Abs. 1 EStG). Hiervon sieht u.a. § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG eine Ausnahme vor. Danach findet die Abgeltungsteuer keine Anwendung, wenn Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge „einander nahe stehende“ Personen sind und der Schuldner die Zinszahlungen steuerlich absetzen kann. Der Begriff der nahestehenden Person ist gesetzlich nicht definiert. Nach der Begründung des Gesetzentwurfes (BT-Drucks. 16/4841) soll ein Näheverhältnis vorliegen, wenn der Schuldner auf den Gläubiger oder umgekehrt der Gläubiger auf den Schuldner einen beherrschenden Einfluss ausüben kann (?) oder wenn einer von ihnen ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Erzielung der Einkünfte des anderen hat. Die Finanzverwaltung hat diese an § 1 Abs. 2 AStG angelehnte Definition übernommen (BMF, Schreiben v. 22.12.2009, BStBl I 2010, 94 und nachfolgend Schreiben v. 9.10.2012, BStBl I 2012, 953) und insoweit ergänzt, als ein Näheverhältnis stets vorliegen soll, wenn Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge Angehörige im Sinne des § 15 AO sind oder -außerhalb von Angehörigenverhältnissen- die Vertragsbeziehungen einem Fremdvergleich nicht standhalten.

Sachverhalt: In dem Verfahren VIII R 9/13 gewährten die verheirateten Kläger ihrem Sohn und ihren Enkeln, in dem Verfahren VIII R 44/13 gewährte der Kläger seiner Ehefrau und seinen Kindern fest verzinsliche Darlehen zur Anschaffung von fremd vermieteten Immobilien durch die Darlehensnehmer. Im Streitfall VIII R 35/13 stundete die Klägerin ihrem Bruder den Kaufpreis für die Veräußerung von Gesellschaftsanteilen. Der Kaufpreis war ab dem Zeitpunkt ihres Ausscheidens aus der Gesellschaft zu verzinsen. Die jeweiligen Finanzämter besteuerten die Kapitalerträge mit der tariflichen Einkommensteuer: Der niedrigere Abgeltungsteuersatz nach § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG sei nicht anzuwenden, weil Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge „einander nahe stehende Personen“ seien. Die jeweiligen Finanzgerichte hatten sich dieser Auffassung angeschlossen und die Klagen abgewiesen. Der BFH hat nun die FG-Urteile aufgehoben und entschieden, dass die Kapitalerträge der Darlehensgeber gemäß § 32d Abs. 1 EStG nach dem günstigeren Abgeltungsteuersatz besteuert werden.

Hierzu führte der BFH weiter aus:

 

  • Zwar      ist nach dem Wortlaut des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG der      Abgeltungsteuersatz ausgeschlossen, wenn Gläubiger und Schuldner der      Kapitalerträge „einander nahe stehende Personen“ sind.
  • Der      gesetzliche Tatbestand ist nach dem Willen des Gesetzgebers jedoch      dahingehend einschränkend auszulegen, dass ein solches Näheverhältnis nur      dann vorliegt, wenn auf eine der Vertragsparteien ein beherrschender oder      außerhalb der Geschäftsbeziehung liegender Einfluss ausgeübt werden kann      oder ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Erzielung der Einkünfte      des anderen besteht.
  • Danach      ist ein lediglich aus der Familienangehörigkeit abgeleitetes persönliches      Interesse nicht ausreichend, um ein Näheverhältnis i.S. des § 32d Abs. 2      Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG zu begründen.
  • Eine      enge Auslegung des Ausschlusstatbestandes ist auch aus      verfassungsrechtlichen Gründen geboten. Hält der Darlehensvertrag einem      Fremdvergleich stand, kann nicht bereits aufgrund des Fehlens einer      Besicherung oder einer Regelung über eine Vorfälligkeitsentschädigung auf      eine missbräuchliche Gestaltung zur Ausnutzung des Abgeltungsteuersatzes      geschlossen werden.
  • Dies      gilt auch dann, wenn aufgrund des Steuersatzgefälles ein      Gesamtbelastungsvorteil entsteht, da Ehe und Familie bei der Einkünfteermittlung      keine Vermögensgemeinschaft begründen.

 

Quelle: NWB Datenbank und BFH, Pressemitteilung Nr. 59/2014

Anmerkung: In einer weiteren Entscheidung stellte der BFH klar, dass die o.g. Grundsätze auch für Kredite gelten, die an eine Kapitalgesellschaft gewährt werden, an der Angehörige des Darlehensgebers zu mehr als 10% beteiligt sind (§ 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG). In diesem Streitfall erkannte der BFH die Abgeltungsbesteuerung für Zinsen auf Darlehen an, die die Steuerpflichtige einer GmbH gewährte, an der Tochter und Enkel der Steuerpflichtigen beteiligt waren (BFH, Urteil v. 14.5.2014 – VIII R 31/11).

 

 

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